WRAPS – Online Shops für Faire Mode

6 Browser windows, one of them contains a shirt with a leaf on it, the others contain symbols: a tree, an accessibility icon, a lock, a heart monitor and a normal web content.

Für den zweiten Teil meiner WRAPS Serie habe ich mir die Homepages verschiedener online Plattformen für Faire Mode angeschaut. Während viele der getesteten Anbieter auf weit verbreitete eCommerce Lösungen im Hintergrund setzen, kommt der Sieger mit einer unorthodoxen Umsetzung daher.

  1. Ergebnis
  2. Kriterien
  3. Homepages der online Shops
  4. Fazit

Das Ergebnis

Die Bewertung der Homepages richtet sich wieder nach fünf Kriterien. Eine detaillierte Erklärung der Kriterien und ihrer Gewichtungen findet ihr hier.

Das Resultat zeigt, dass es nicht reicht Webseiten mit einer hoch-optimierten eCommerce-Lösung wie Shopify auszuspielen, um bei diesem Ranking vorne zu landen, wenn verschwenderisch mit Benutzer-Tracking und selbst-ladenden Videos umgegangen wird. Der Sieger Fairtragen gewinnt sogar deutlich, obwohl viele Best-Practices ignoriert werden. Die Webseite ist schlank genug, um die Mängel zu kaschieren.

#TeamTotalCWVCO2A11yPrivacyContent
1.Fairtragen86,02%100%92%59%80%100%
2.Avocade Store65,12%90%57%41%67%100%
3.Glore64,23%100%66%35%30%100%
4.Greenality62,88%100%54%35%50%100%
5.Honest Basics61,83%100%42%64%33%100%
6.Green Shirts50,26%67%37%53%37%100%
7.WeDressFair43,24%98%0%44%40%100%
8.Everlane41,65%54%32%41%26%100%
9.Jungle Folk40,32%84%0%48%36%100%
10.Made Trade37,25%95%0%38%13%100%

Die Kriterien

Ein paar Besonderheiten gibt es bezüglich Messung und Ergebnis in den einzelnen Kriterien.

Core Web Vitals

Insgesamt schneiden die Homepages gut ab. Größtes Problem stellt das Ruckeln während des Ladevorgangs (Cumulative Layout Shift) dar. Selbst ladende Videos werden bei einigen Homepages eingesetzt, führen bei diesem Test aber kaum zu Punktabzügen.

CO2 Ausstoß

Beim letzten Test hatte noch der schlechteste CO2 Emissionswert pro Seitenaufruf die Punktevergabe der anderen Homepages bestimmt. Aber anders als bei der letzten Episode, habe ich mich nun entschieden, die fixen Grenzwerte für die Bewertung heranzuziehen. Dadurch können auch Quervergleiche zwischen diesem und folgendenen Tests vollzogen werden.

Anders als bei den Core Web Vitals führen die selbst ladenden Videos in dieser Kategorie zu starken Punktabzügen. Zumal in einigen Fällen keine Richtlinien für Browser-Caching mitgeliefert wurden.

Barrierefreiheit

Hier unterscheiden sich die Plattformen kaum. Kein einziger Shop bietet die Möglichkeit (Hintergrund-)Farbe oder Schrift anzupassen. Eigentlich unverständlich, da besonders Dark-Mode nicht nur die Barrierefreiheit erhöht, sondern auch die Erfolgsraten einer Webseite steigern kann. Ähnlich sieht es bei den Anpassungen für Sprache aus. Nur drei Shops sind in mehreren Sprachen verfügbar, keiner bietet die Inhalte auch in verständlicher Sprache an.

Privatsphäre

Oje. Es wird wieder hemmungslos Verbindung mit anderen Servern aufgenommen. Google wird zum Beispiel in 8 von 10 Fällen ungefragt angesteuert. Ich wäre überrascht, wenn das wirklich in allen Fällen notwendig für die Funktionalität der Webseite ist.

Auch in Punkto Sicherheit gibt es einige Schwachstellen. Das ist nie gut, aber besonders schlecht auf Webseiten, auf denen man persönliche (Konto-)Daten angeben muss.

Inhalt

Mit dieser Kategorie habe ich es mir diesmal leichter gemacht. Alle Webseiten stehen für nachhaltige Produkte und Unternehmenskultur und beschreiben dies auch auf dedizierten Unterseiten. Punktabzüge hätte es für manipulative Muster auf den Webseiten gegeben. Da ich davon aber keine eindeutig identifizieren konnte, gab es für alle Webseiten die volle Punktzahl.

Wie die Ergebnisse der Shops zustande kommen

Mehr Details zu den Ergebnissen sind in der PDF-Datei zusammengefasst. Dort seht ihr auch, wieviele Punkte in den Unterkategorien erreicht wurden.

Die Onlinepräsenz des Shops Fairtragen aus Bremen überzeugt im Ranking durch eine sehr schlanke Homepage ohne Ressourcen von Drittservern. So kann sie sich auch etliche Schwächen in der Umsetzung leisten. Die Homepage wird mit großem Abstand erster mit 86%.

100% Core Web Vitals
Die Homepage lädt schnell und ohne visuelles Ruckeln. Interaktionen mit der Webseite klappen ohne Verzögerung. Da der Großteil der Zielgruppe aus Deutschland kommt, macht es sich hier nicht negativ bemerkbar, dass kein CDN eingesetzt wird. Auch das Nutzen des veralteten http/1.1 Protokolls verschlechtert die Punkteausbeute nicht.
92% Ökobilanz
560kB beim ersten Laden ist ein hervorragender Wert und das obwohl keine modernen Formate für Fonts oder Bilder im Einsatz sind. Da ist auch zu verschmerzen, dass leider kein grüner Server im Einsatz ist und das keine Cache-Control Direktive das Browser-Caching vorgeben.
59% Barrierefreiheit
Die Webseite ist in drei Sprachen verfügbar. In Lighthouse erzielt die Homepage für die Barrierefreiheit durchschnittlich viele Punkte.
80% Privatsphäre
Es wird keine Verbindung zu Drittservern aufgenommen. Das ist bisher einmalig bei allen getesteten Homepages dieser Serie. Da ist es auch vertretbar, dass keine Cookie-Notice angezeigt wird. In Punkto Sicherheit fallen fehlende Security Header und eine vulnerable Bootstrap-Version negativ auf.

Es gibt nicht viel zu meckern bei der Homepage des Hamburger Avocado Stores. Größter Kritikpunkt sind die 5,8 MB an JavaScript, die zum Glück komprimiert über’s Netz gesendet werden. Am Ende sind es 65% aller möglichen Punkte.

90% Core Web Vitals
Hier macht sich die Fülle an JS Code negativ bemerkbar, indem zu langsam auf Interaktion (INP = 293ms) reagiert wird. Ansonsten gute Werte.
57% Ökobilanz
Die Hausaufgaben bzgl. Lazyloading und Caching wurden gemacht, auch ein grüner Server ist im Einsatz. Nur der Batzen JS Code lässt sich nicht wegdiskutieren.
41%Barrierefreiheit
In Sachen Barrierefreiheit lässt die Webseite – wie viele Konkurrenten – einiges zu Wünschen übrig. Es gibt keine Anpassungsmöglichkeiten für Farbe, Schrift und Sprache.
67% Privatsphäre
Es wird nicht allzu viel von externen Servern geladen. Ärgerlich ist allerdings, dass ein Google Server angesteuert wird, nur um ein winziges Logo zu laden.

Wie bei den meisten Konkurrenten werden auch bei Glore aus Nürnberg viele Best-Practices umgesetzt. Bedenklich ist aber auch bei dieser Webseite der Datenschutz. 64% sind es am Ende.

100% Core Web Vitals
Hier gibt es volle Punktzahl in allen Metriken. Die Homepage lädt aber langsamer als die beiden besser platzierten Konkurrenten.
66% Ökobilanz
In Sachen ökologischer Nachhaltigkeit schneidet die Website vergleichsweise gut ab, was auch am Einsatz grüner Server liegt.
35$ Barrierefreiheit
Auch diese Webseite bietet keine Möglichkeiten Farbe, Schrift oder Sprache zu ändern.
30% Privatsphäre
Server von Google, Amazon und Cloudflare werden ohne Genehmigung angesteuert, obwohl ich keinen Grund für Notwendigkeit sehe. Leider verwendet die Webseite eine vulnerable Version der JS Bibliothek jQuery.

Die Homepage von Greenality aus Stuttgart ist mit 63% im Vergleich zu Glore marginal schlechter.

100% Core Web Vitals
Auch Greenality erzielt die volle Punktzahl ist aber bei der Metrik LCP (Ladezeit) nah am Grenzwert.
54% Ökobilanz
Auch diese Webseite schneidet im Vergleich zur Konkurrenz gut ab. Grüne Server sind im Einsatz, leider sind einige Bilder nicht für’s Web optimiert und schmälern das Ergebnis.
35% Barrierefreiheit
Wie die Konkurrenz bietet auch diese Webseite keine Möglichkeit Farbe, Schrift oder Sprache umzustellen.
50% Privatsphäre
Leider verbindet uns diese Webseite ohne Einwilligung mit Servern von Google, Facebook und Microsoft. Besonders ärgerlich meiner Meinung nach, dass alle drei Verbindungen zu Tracking zwecken verwendet werden.

Bei Honest Basics aus Berlin stimmen die Basics – außer beim Datenschutz. So ergeben sich 63% aller Punkte.

100% Core Web Vitals
Auch diese Homepage bekommt hier die volle Punktzahl, hat aber bei der Ladezeit (LCP = 1,86s) noch Potential.
42% Ökobilanz
Die Ökobilanz der Homepage ist nicht optimal, obwohl auch hier grüne Server im Einsatz sind. Leider wird die größte Ressource ohne Cache-Control Header versendet, so dass sie auch bei manchem Reload ins Gewicht fällt.
64% Barrierefreiheit
Eine der wenigen Webseiten, die in mehreren Sprachen verfügbar ist. Schrift und Farbe lassen sich wie bei der Konkurrenz nicht verstellen.
33% Privatsphäre
Leider werden zu Servern neun verschiedener Betreiber Verbindungen aufgebaut. Darunter auch Facebook und Google. Hier gibt es keine Punkte. Volle Punktzahl dagegen für die Sicherheit, wo keine Schwachstelle entdeckt wurde

Ein selbst-ladendes Video, fehlende grüne Server und instabiles Rendern verhindern mehr Punkte als 50% und eine bessere Platzierung für Green Shirts aus Berg bei München.

67% Core Web Vitals
Während des Ladens sehen Besuchende kurz den Footer der Seite, bevor das selbst-ladende Video sichtbar wird. In der entsprechenden Unterkategorie (CLS) gibt es daher keine Punkte.
37% Ökobilanz
Das selbst ladende Video schlägt mit fast 10 MB ordentlich ins Gewicht. Wenigstens stimmen die Cache-Control Header, so dass beim Reload noch ein paar Punkte geholt werden konnten. Mehr Punkte wären möglich gewesen, wenn wenigsten moderne Bildformate oder grüne Server im Einsatz wären.
53% Barrierefreiheit
Wie so oft – keine Anpassungsmöglichkeiten für Farbe, Schrift oder Sprache.
37% Privatsphäre
Auch hier werden Verbindungen mit mehreren externen Servern aufgenommen. Immerhin sind die meisten davon in Europa und an die DSGVO gebunden.

Die Homepage des französischen Anbieters erhält keine Punkte bei der Ökobilanz. Dass es mit 43% trotzdem für den siebten Platz reicht, liegt vor allem an der schwachen Konkurrenz.

98% Core Web Vitals
Nahezu volle Punktzahl für die Core Web Vitals. Nur die Ladezeit (LCP) sorgt für kleine Punktabzüge.
0% Ökobilanz
Leider sorgen selbst-ladende Videos für eine schlechte Ökobilanz. Besonders ärgerlich: die Videos werden erst nach Scrollen sichtbar. Außerdem fehlen zwei Videos die nötigen Cache-Control Header, so dass sie auch bei erneutem Laden hohes Datenvolumen verursachen.
44% Barrierefreiheit
Wie so oft – keine Anpassungsmöglichkeiten für Farbe, Schrift oder Sprache.
40% Privatsphäre
Oha. Externe Server von neun verschiedenen Unternehmen werden angesteuert, darunter mehrere von Google.

In den USA spielt Datenschutz nicht so eine große Rolle wie in Europa. Vielleicht ist das der Grund, warum Everlane (aus den USA) so viele externe Server anspricht. Insgesamt sind es nur 42% aller Punkte.

54% Core Web Vitals
Die Webseite ist leider instabil während des Ladens und lädt zu langsam. Dadurch erzielt Everlane hier die wenigsten Punkte aller Teilnehmer.
32% Ökobilanz
Ein selbst-ladendes Video wurde im Laufe meiner Tests entfernt. Trotzdem reicht es nicht für viele Punkte, 400kB an JavaScript gehen beim ersten Laden einer jeden Session durch’s Netz.
41% Barrierefreiheit
Leider keine Unterstützung für Beeinträchtigte durch Farb-, Schrift- oder Sprachwahl.
26% Privatsphäre
Wie schon geschrieben. Es werden extrem viele externe Server angesteuert, fast alle von amerikanischen Unternehmen. Wenigstens ist die Webseite sicher.

Auch auf der Homepage des Schweizer Anbieters Jungle Folk werden Besuchende durch mehrere selbst-ladendes Video beglückt – nicht alle davon sind direkt sichtbar. Das führt zu einer schwachen Punkteausbeute von 40%

84% Core Web Vitals
Nur die Stabilität während des Renderns fällt negativ auf. Das Video (und alles darunter) verändert mehrmals die Position.
0% Ökobilanz
Mehrere selbst-ladende Videos sind keine gute Nachricht für den ökologischen Fußabdruck. Da sich die Videos im Laufe der Tests (und damit bei Reloads) zweimal geändert haben, ist der Score beim wiederholten Laden auch schlecht.
48% Barrierefreiheit
Wie bei der Konkurrenz wird keine Möglichkeit für Sprach-, Farb- oder Schriftwahl gegeben.
36% Privatsphäre
Es sind nicht so viele verschiedene Server wie bei der Konkurrenz aus Amerika, aber das Server von Google, Meta und Microsoft angesprochen werden, ist schlimm genug. Wenigstens ist die Seite sicher.

Auch der zweite Anbieter aus den USA gibt Daten an etliche Dritte weiter – die meisten davon kommen ebenfalls aus den USA. So ergeben sich nur 37% aller möglichen Punkte

95% Core Web Vitals
Gute Werte bei den Core Web Vitals. Nur die Ladezeit (LCP) führt zu kleinen Punktabzügen.
0% Ökobilanz
Hier ist es mal kein selbst-ladendes Video, dass zu fehlender Punkteausbeute führt. Vielmehr sind es die Unmengen an Daten, die von dritten Servern gezogen werden und für die meist nur eine geringe Caching Zeit vorgesehen ist.
38% Barrierefreiheit
Wie bei der Konkurrenz wird keine Möglichkeit für Sprach-, Farb- oder Schriftwahl gegeben.
13% Privatsphäre
Wie schon bei Everlane, extrem viele externe Server, die meisten davon in den USA. Leider gibt es auch Schwächen in der Sicherheit wie ein vulnerables jQuery.

Fazit

Es ist erstaunlich wie viele Fehler sich der Sieger Fairtragen erlauben konnte. Die schlanke Webseite ohne jegliches Tracking lässt es für dieses Ranking locker verkraften, dass veraltete Bild- und Fontformate sowie das veraltete http/1.1 benutzt werden, keine Caching Instruktionen geliefert werden oder ein vulnerables Bootstrap im Einsatz ist.

Viele Shops setzen auf den eCommerce Riesen Shopify, der bekannt ist für seine Vorreiterrolle in Sachen Web-Performance. So schneiden fast alle Homepages auch gut bei den Core-Web-Vitals ab. Aber diese Optimierungen können den teils fahrlässigen Umgang mit Daten (Volumen und Weitergabe) nicht kaschieren.

Die zwei amerikanischen Anbieter (Everlane und Made Trade) fallen besonders durch schwachen Datenschutz auf und finden sich am Ende der Tabelle wieder.

  • Manipulative Muster (“Dark Patterns”) sind Versuche Besuchende zu Aktionen zu verleiten, die diese gar nicht wollen oder Falschinformationen, die das Verhalten der Besuchenden beeinflussen. Im Fall von online Shops könnten das zum Beispiel fiktive zeitliche Limits für Rabattaktionen sein. Arrow Up Right
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